20.02.
Wir ärgerten uns heute sehr über den Weg, der extra umständlich zur 1. Hütte, der Red-Hill-Hut, führte, so wie es schien. Erst scheuchte er uns straff auf 1200 m hoch ohne nennenswerte Aussicht, um dann gleich wieder durch den Wal über ca. 9 km nach unten zur Hütte zu führen. Er machte viel Zickzack, obwohl es auch geradeaus gut ging und lief sinnlos auf und ab.
An der Hütte angekommen, mussten wir auch noch erkennen, dass wir es auch hätten leichter haben können. Die anderen hatten eine 90 min inoffizielle Route über einen Fahrweg, direkt von der Hauptstraße hinaufführend genommen.
Gegen Abend kamen auch noch einige Southbounder, die überglücklich waren, endlich diese verfluchten Berge hinter sich gebracht zu haben. Wir staunten aber nicht schlecht, als 2 Holländer anfingen, sich ein Vesper zu bereiten: da gab es Wraps mit dicker Salami (die wurde als Ganzes aus dem Rucksack gezogen), dicken Käsestücken (auch von einem ehem. Kilostück abgeschnitten), Gurke und Tomaten plus irgendeine Paste. Was da manche mit sich rumschleppen, irre! Selbst unsere, mit deutlich reduzierterer Kost fühlen sich schwer wie ne Tonne an. Und es ist so gemein, wenn einem jemand mit solchem Speisenreichtum etwas vorisst. Wir haben dann unsere Chinanudeln versucht besonders langsam zu schlürfen.
21.02.
Wir schafften heute eine Doppeletappe und waren 9 h unterwegs. Mittag machten wir an der Porters-Creek-Hut, wo wir auf ein sehr nettes Pärchen aus Leipzig trafen, Charlotte und Danny, Pause. Auch sie waren in unserem Alter und mit gerade flügge gewordenen Kindern. Sie hatten schon die Nordinsel und bis auf die letzte Etappe auch die Richmonds geschafft. Insgesamt haben sie jeder 12 kg abgenommen, zuletzt noch einmal in den letzten Tagen, weil sie zu wenig Essen eingeplant hatten, da auch sie zu spät bemerkt hatten, dass die Richmonds aus zwei zusammengesetzten Trails bestehen…
Den Zweiten, den wir dann noch trafen, hatte es noch schlimmer erwischt. Er ernährte sich seit einigen Tagen nur noch von Erdnussbutter – der volle Kontrast zu den Holländern gestern.
Für uns ging es heute immer auf und ab, mit einigen Kletteraktionen und herrlichen Ausblicken, aber noch ohne Gipfel. In einem Flusstal sahen wir überall den viel beschriebenen Greenstone in großen Brocken, als Ader in anderen Gesteinen und in mitnehmbarer Größe und richtig glatter dunkelgrüner Oberfläche. Manche waren aber auch hellgrün und eher wie eine Schichtung. Aus diesen Gesteinen haben die Maori seit je her ihren Schmuck gefertigt. Nachträglich habe ich von Hannes, unserem Geologen erfahren, dass es sich um Serpentinit handelt, das sich oft in der ozeanischen Kruste finden lässt, an Stellen, wo sich zwei Kontinentalplatten übereinander schieben. Auch ohne Gipfel war der Tag gewaltig anstrengend! Besonders gemein waren die letzten 1,5 km. Da denkt man, das ist doch nur noch Minutensache… aber nein, ersteinmal oben auf einem kleinen Sattel angekommen ging es gleich steil über Stock, Wurzel und Stein 200 hm bergab, dann das Gleiche wieder bergauf und hinter diesem letzten Pass kam ein riesiges Steinlawinenfeld mit echt großen Brocken. Allein dafür benötigten wir noch einmal 20 min. Völlig geschafft erreichten wir die Hunters-Hut gegen 17:00 Uhr, die noch in voller Sonne lag und den Blick auf die gigantischen Richmond-Gipfel freigab.
22.02.
Wenn ich die Augen schließe, sehe ich einen Weg mit Riesenwurzeln und unüberwindbaren Steinen. Der 2. Teil der Strecke heute war einfach nur ätzend: 7 km an einem Hangweg über einem schmalen Flußtal mussten wir ständig über Wurzeln und über Felskanten klettern oder uns seitlich an einem Abgrund vorbeihangeln. Und es gab wirklich keinen normalen Wegabschnitt zwischendrin, zeitweise bräuchten wir für 10 m 10 min. Da haben wir uns wiederholt gefragt, warum tun wir uns das an? Dabei hatte der Tag und die Wanderung so gut angefangen, einfach allmählich rauf auf den Ellisgipfel, einen 1.600er, mit phantastischer Aussicht bis zum nördlichen Ende der Südinsel und ringsum in alle Richtungen. Es war grandios und wir zwei waren in Hochstimmung. Außerdem hatten wir da oben sogar Internet.
Wir genossen unsere Pause in vollen Zügen. Auch der erste Teil des Abstieges bis zur Upper-Wairau-Hut gestaltete sich noch einigermaßen erträglich bis auf die Boulderfelder (Felsgeröll) und das widerborstige Tussockgras (das mich an manchen Stellen an die unsere zerzauste Pippi-Langstrumpf-Perrücke erinnerte).
Fazit des Tages: Wir müssen es an dieser Stelle mal wirklich ehrlich zugeben, der Te-Araroa-Trail bereitet nur phasenweise Vergnügen, überwiegend besteht er aus reinen Schikanen mit unbeschreiblichen Hindernissen wenigen und ist damit weit weg von einer Genusswanderung, die wir uns vorgestellt hatten, weil wir das von allen bisherigen europäischen Trails so kannten. Wir hatten wirklich nicht vor, uns hier etwas zu beweisen oder einen „getting tough“ zu absolvieren. Aber nun müssen wir da durch und das Beste daraus machen.
23.02.
Heute ging es unaufhörlich, aber allmählich immer durch den Wald auf einem zum Glück recht passablen Weg, immer bergauf bis zur Bishops-Cup-Spitze. Zwischendurch gaben Baumlücken immer wieder den Blick auf die umliegenden Berge frei. Und unterwegs trafen wir eine Familie aus Jena und der junge Mann arbeitet sogar in Stadtroda! Mann ist die Welt klein!
Mittags rasteten wir an der Tarn-Hut und setzten uns an den kleinen See dort (der allerdings schon gekippt war). Alles in allem war es heute eine herrliche Tour! Am späten Nachmittag erreichten wir dann die Rintoul-Hut am Fuße des gleichnamigen Berges. Dieser und sein nur etwas kleinerer Bruder sind morgen unser großes Ziel und es soll wohl hier die schwerste Etappe werden. Mal schauen, wie wir mit beiden klar kommen werden.
24.02.
Wahnsinn, heute haben wir das geschafft, wovor wir den meisten Respekt hatten: die beiden Rintouls, den großen 1731 Meter und den kleinen 1643 Meter und das bei super Sonnenschein und einer phantastischen Sicht.
Das waren Eindrücke der Spitzenklasse! Alle, die uns bisher von Norden entgegen genommen waren, hatten uns immer vor diesem Trail und den Richmonds insgesamt gewarnt, was uns hohe Ehrfurcht und auch etwas Bammel vor der Strecke eingeflöst hatte. Und im Vergleich zu allem, was wir bisher gelaufen oder geklettert sind, war dies hier mit Vorsicht und Achtsamkeit gut machbar und nicht mal so, dass wir hätten fluchen müssen!
Vom beiden Gipfeln aus eröffnete sich uns ein 360 Grad-Panorama, das uns einfach überwältigte: es reichte von den Richmond-Ranges bis zur Nelson Bucht und der durch Fjorde zersplitteten Nordspitze der Südinsel und bis zu den Bergketten im Osten. Wir konnten uns vor Begeisterung einfach nicht sattsehen. Und im Anschluss fügten wir vor lauter Enthuisiamus gleich noch eine Etappe hinzu, überliefen die Old-Mans-Hut und erreichten 2,5 h später statt der angekündigten 5 h die Slaty-Hut noch bevor der große, für Nachmittag angekündigte Regen kam.
Dabei ging es noch über 10 km insgesamt 9 weitere Gipfel hoch und herunter, über eine lange Bergkette immer auf dem Berggrat entlang mit weiteren herrlichen Aussichten. Einzig störend war der sehr heftige Wind mit unangenehmen Böen. Und die Tatsache, dass die Wolken immer näher rückten, trieb uns leider zur Eile an, sonst hätten wir gern noch ein längeres Päuschen da oben genossen.
25.02.
Nachts rüttelte ein Sturm an unserer kleinen Hütte und heftige Regenschauer peitschten gegen die Fenster. Wie schön sich darin sicher, trocken und warm zu fühlen. Am Morgen war alles wie weggefegt, der Himmel begrüßte uns in seinem schönsten Blau und die Sonne kitzelte uns beim Frühstück. Wir gönnten uns deshalb gleich 2 Tassen Kaffee, bevor es an den letzten Aufstieg und Gipfel für uns in den Richmonds, zunächst noch vorbei an der Starveall-Hut, ging.
Als wir oben ankamen, krochen Wolkenfetzen aus dem Wald den Kamm hinauf und gaben der Kulisse ein mystisches Aussehen. Dennoch hatten wir wieder einmal einen herrlichen Rundumblick, zum Abschied auch noch einmal zu den beiden Rintoulbrüdern hinüber.
Wir schienen diesen Anblick nicht allein zu genießen, neben uns erstieg ein Steinbock einen dicken Felsbrocken und schaute in die Landschaft. Als er uns gewahrte, trollete er sich, aber nur langsam und erhaben. Wir sind dankbar, dass sich uns die Richmonds Ranges von ihrer schönsten Seite gezeigt hatten. Sie waren ein wunderbarer Höhepunkt der Südinsel. Wir verschossen noch etliche Bilder und konnten uns gar nicht richtig trennen. Doch wir mussten uns irgendwann an den sehr langen Abstieg von über 1000 hm machen und der hatte es wegen der regennassen Steine und Wurzeln echt in sich! Mehrmals rutschten wir beide aus und landeten auf dem Hosenboden. Mühsam, mühsam… was haben wir geflucht!
Je tiefe wir kamen, um so dschungelartiger wurde es, dicke Baumrinden mit verschiedensten Moosen, und Farnen überwachsen, Baumfarne und andere grüne Exoten begrüßten uns wieder. Unten am Fluss angekommen, gab es natürlich wieder nasse Füße, da der Weg uns mehrfach aufforderte die Flussseite zu wechseln. Und wir waren einfach croggy, die weichen und müden Kniee verlangten noch vor der Hacket-Hut nach einer Pause. Aber danach ging es einfacher weiter, so dass wir die Browning-Hut wiederum völlig entspannt gegen 16:00 Uhr erreichten.
26.02.
„i feel like after a carwash“ begrüßte uns die entgegenkommende völlig durchnässte Wanderin. Besser kann man es gar nicht ausdrücken, was uns heute als neueste Variante der möglichen Schikanen auf dem TA zuwiderfuhr. Nachts hatte es wieder heftig geregnet und alles am Wegesrand triefendnass hinterlassen. Und der erste Teil des Weges führte inmitten durch dichtes kratziges Buschwerk und Farne, der Weg war kaum auszumachen. Es war so, als würden wir uns durch eine kilometerdicke und mehrere Meter hohe klitschnasse Hecke schlagen, in der wir ständig hängen blieben. Und währenddessen ging es immer bergan, mehr als einmal verloren wir die Wegmarkierung aus den Augen und verfransten uns im wahrsten Sinne des Wortes in den Farnwedeln.
Aber es gab auch etwas lustiges, die ganze Zeit wurden wir immer von einem Pulk kleiner Vögelchen begleitet, die um uns herumflogen und vor uns herumhüpften als wollten sie uns den Weg zeigen. Sowas Süßes und Neugieriges! Zumindest heiteren sie unsere Stimmung ungemein auf!
Oben angekommen, waren wir bis auf die Unterhosen durchweicht, das Wasser lief senkrecht durch die Hose, schlimmer als bei einem Starkregen. Und dann hatten wir nicht einmal eine schöne Sicht, weil es so neblig war. Die Zeitvorgabe für diese Wegequalität und 11 km war bis zur Rock-Hut mit 4,5 h bemessen und von dort für einen dann sehr einfachen Weg über 5 km bergab mit 3,5 h. So ein Unsinn, einfach nicht nachvollziehbar! Und weil meistens ein Unglück nicht allein kommt, fiel Dirk der Länge nach auf seine Nase (auf ebener Strecke!) und zerbrach später noch seinen Wanderstock und seine Gürtelschnalle, so dass die Hose nun mit einem Reserveschnürsenkel zusammengehalten wird.
An der Rock-Hut kam endlich die Sonne raus und wir machten unser Mittagspäuschen, auch um alles wieder trocknen zu lassen. Dort gab es sogar ein Klo mit Wasserspülung! Echt irre.
Es blieb beim Abstieg freundlich und wir wärmten wieder durch. Nachmittags erreichten wir den Pelorus-River und die Middy-Hut vor der ganz gemütlich drei Ziegen grasten. Und dann sprangen wir -diesmal beide – ins Wasser, der Fluss war herrlich badewarm. Anschließend gönnten wir uns die doppelte Portion Chinanudeln. Mmm lecker!
27.02.
Mannomann, immer wieder der gleiche Fehler…
Da sind wir kaum in Havelock angekommen und haben uns schon wieder die Bäuche voll geschlagen, zu voll, viel zu viel auf einmal verputzt (ersteinmal ein ganzes Brot mit Käse, Salami und Erdnussbutter, dann Eis, weiterhin 1000g Joghurt und danach in der Kneipe noch eine Riesenportion Fish and Chips) und nun liegen wir wieder mit Bauchkollern auf dem Bett und stöhnen… Und jetzt müssen wir auch noch anstoßen – auf Dirks Geburtstag!
In der letzten Hüttennacht hatten uns wieder die Mäuse einen Tanz vorgeführt, sie kletterten sogar auf das Aufhängegestell für die Rucksäcke und Lebensmittelbeutel und knusperten irgendwelche Dinge! Zum Glück nicht unsere…
Anlässlich Dirk’s Geburtstagsfrühstück gab es für uns zwei Tassen Kaffee und die doppelte Portion an Müsli. Nun ist Dirk auch über 50! Hahaha. Auf dem letzten Teilstück des Richmond-/ Pelorusabschnittes hat er tatsächlich deutlich gealtert gewirkt, weil ihm seit dem Nasensturz gestern alles weh tat und sich deshalb heute etwas hinterher schleppte. Dirk zerbrach heute auch wieder einen Wanderstock (zum Glück den Alten und nicht den neu zum Geburtstag geschenkten!) und fluchte entsprechend viel.
Die Wanderung selbst machte Spaß, immer am türkisblauen Fluss entlang, der viele Badepools bildete und sich malerisch durchs Tal schlängelte. Leider musste ich alleine mit den Sandflys baden gehen, da Dirk mit ihnen weiterhin auf Kriegsfuß steht. Ich ging der Quälgeister wegen gleich mit Sachen baden, die danach noch lange angenehm kühlten.
Tja, nun liegen die lange gefürchteten Richmond-Ranches hinter uns und wir sind happy, das gemeinsam geschafft zu haben. Insbesondere die Rintoul-Brüdergipfel waren ein atemberaubendes Highlight und ohne die erwartete Gefährlichkeit. Da war das Geklettere entlang des Wairauflusses wesentlich riskanter. In der letzten Hut, in der wir übernachteten, fanden wir einen Nachruf auf einen Wanderer, der letztes Jahr dort in den Fluss gestürzt war und erst dieses Jahr gefunden wurde. Das ging uns schon sehr nahe.
28.02.
Der Tag des großen Futterns-Resting-Day in Havelock.
Endlich mal wieder ein ordentliches Frühstück mit Nutella, Käse, Erdnussbutter und einem ganzen Vollkorntoastbrot sowie Joghurt plus Obst. Mittags gab es Pizza, dann wurde der Blog geschrieben, anschließend belohnten wir uns mit Eis und machten einen Spaziergang um den Pelorussound bis zum erneuten Startpunkt des Te Araroa, wo ich mich von meinen treuen Wandertretern verabschiedete und sie an das Trail-Schild zur Dekoration hängte. Die neuen Schuhe hatten wir mit dem Bounceparcel heute früh zum letzten Mal abgeholt, die sind seit Invercargill bis hierher mit der Post gereist (gleicher Typ, ich kann nur damit gut laufen). Der Abschied von den Alten fiel schon recht schwer…
Abends haben wir uns zum selber gegrillten Hähnchen und Gemüse mit Knoblauchbutter wieder eine Flasche Wein gegönnt. Eigentlich hätten wir Muscheln essen müssen, der ganze Ort macht Werbung damit, sogar auf auf dem Polizeihäuschen prangt eine Muschel mit Polizeimütze. Und demnächst findet hier das Muschelfestival statt. Aber es braucht ja bloß mal eine schlecht zu sein… Durchfall auf dem Trail können wir nicht gebrauchen.
Hallo ihr zwei
Ihr seht ne ganze Menge wunderschöne Natur.
Trotzdem möchte ich nicht mit euch tauschen.
Meine „Spaziergänge“ sind entspannter und nicht so beschwerlich.
Ich schaue mir Neuseeland im TV auf der Couch an- habe erst kürzlich wunderschöne Reportagen gesehen.
Und vor allem esst mal ordentlich,wie die Holländer.
Bei mir gab es Gänsebraten mit Rosenkohl und Klößen- 😋 lecker.
LG BERIT