05./06.04
Gestern liefen wir nach einem ordentlichen Frühstück bei Jo und Darryl auf dem Radweg entlang des Waitako-Rivers, der leider durchweg asphaltiert war, von Hamilton bis nach Ngaruawahia, was zunehmend etwas langweilig wurde. Einzig erfrischend war, dass wir von jedem unterwegs fröhlich begrüßt wurden und ein lustiges Frauenwalkingtrüppchen, das uns lässig einholte eine Weile mit uns plauderte. Die Damen waren alle so um die siebzig und übertrugen ihre gute Laune auch auf uns. Eine von ihnen trafen wir heute gleich noch einmal, als sie uns joggend vom Berg herunter entgegen kam.
In Ngaruawahia nächtigten wir in einem preiswerten Motel und am Morgen starteten wir den Hakarimata- Trail hinauf auf 375m, der bis zur Spitze komplett mit Stufen ausgebaut war, insgesamt mussten wir 1469 davon erklimmen. Der Trail war einst als kommunales Gemeinschaftsprojekt erbaut worden zur Gesundheitsertüchtigung und so war es heute vormittag nicht verwunderlich, dass wir auf dem Weg nach oben dem ganzen Ort begegneten, also mindestens 200 Leuten, von 10-80 Jahren war alles dabei, joggend oder normal nach oben und wieder herabschnaufend.
Der Blick ging bei völlig klarer Sicht weit ins Land, von oben auf den Fluss, über Hamilton bis hin zum Pueroraforest. Doch dann kam es , das Schild, auf dem stand: ab hier hat der Trail wieder Trampingstandard! Was bedeutet, Schluss mit schönen Wegen. Uns schwante Übles. Plötzlich waren wir auch wieder allein auf dem Trail. Und so ging es weiter wie wir nun schon gewohnt waren, schlammig, kraxelig und sehr stolperwurzelig, knapp 15 km mussten wir uns bis nach Huntly durch den typischen neuseeländischen Urwald schlagen, aber in der Hoffnung auf einen Kauriwald. Leider sahen wir nur einen einzigen Baum, obwohl ein ganzer Waldabschnitt versprochen worden war. Unterwegs kam uns nur eine einzige Wanderin entgegen, so um die 80, die den Weg „sehr interessant“ fand. In Huntly schleppten wir uns noch zum Campingplatz und gönnten uns sogar eine Cabin, da es sehr gewittrig aussah.
07./08.04.
Mit guten Laufabsichten starteten wir früh von Huntly aus entlang des Waikato-Rivers bis uns ein Tesla-Fahrer einsammelte und bis nach Rangirini mitnahm, selbst war er mit dem fußballspielendem Sohnemann zu einem sehr starken Gegner nach Auckland unterwegs. Entsprechend aufgeregt wirkte das Bürschlein.
Ab Rangirini hatten wir zunächst ein Trailabschnitt entlang eines Fahrweges jedoch ab dann begann unmittelbar entlang des Ufers und der Uferböschung wieder ein typischer TA-kletterpfad, den einige Kühe vorher etwas zertrampelt hatten. Später ging es auch wieder durch die typischen Kratzebüsche auf und ab, aber immer mit herrlichem Blick über den gewaltigen Waikatostrom mit seinen Inseln und die fast unberührt wirkende Flusslandschaft.
Im letzten Drittel verließen wir den wilden Teil und gelangten wieder auf Farmland. Auf einem Damm entlang liefen wir nun völlig entspannt weiter, links am Ufer eine Allee aus riesigen Pappeln, deren Blätter im Wind vertraut nach dem Beginn des Herbstes rauschten.
Doch dann ereilte uns ein Schock: Der TA-Trail führte uns bei Meremere direkt zum Highway 1, der hier Autobahnqualität hatte. Wir standen ungläubig an der Leitplanke, keine Chance, auf die andere Seite zu gelangen oder zu trampen. Die Autos rasten mit hoher Geschwindigkeit an uns vorbei. Der Weg war einfach zu Ende, d.h., wir sollten die nächsten Kilometer entlang der Leitplanke bis nach Mercer gehen, kein Pfad nichts, nur aller 500m ein Pflock mit dem TA-Symbol, damit wir ja nicht vom Wege abkommen! Und der Müll, der da rum lag, irre, was die Leute so aus dem Auto werfen.
Kurz vor Mercer mussten wir unter der Autobahn an einem Fluß entlang auf die andere Seite klettern. Ab dann begann der Wanghamarino-Walkway, der nach ca 2,5 km endlich an unser Ziel nach Mercer führen sollte. Es war jedoch noch einmal ein Abschnitt, der uns trotz seiner Kürze schier zur Verzweiflung brachte, vier Mal hoch und runter, durch stachelige Büsche, ein Sumpfgebiet mit schneidescharfen Gras, 4 – 5 m hohes Pampasgras, das wir mit unseren Stöcken zur Seite schlagen mussten, während wir mit den Füßen im Modder versanken. Wir erreichen eine Supergeschwindigkeit von unglaublichen 0,5 km/h.
Als wir völlig verschwitzt, zerkratzt und abgekämpft endlich im Örtchen ankamen und den Glauben an das Gute in der Welt verloren hatten, trauten wir unseren Augen kaum, als wir zu unserer großen Freude – und das meine ich wirklich – nicht weit entfernt in roter Leuchtschrift das Wort Motel lasen. Noch größer war unsere Freude als wir dort nicht nur einen günstigen Zeltplatz, sondern auch noch ein ordentliches Essen bekamen (nach der obligatorischen heißen Dusche) und am nächsten Morgen einen richtig guten Kaffee. Und dieser (also der Morgen) begann auch hier mit einer Zeitumstellung.
Wir visierten heute Bombay als erstes Ziel an. Dorthin führte uns der Mount-William-Track zunächst über einige Hundert Stufen auf gleichnamigen Berg und anschließend über eine schafbeweidete Hügelkette mit herrlich weiten Ausblicken ringsum bis nach Bombay, was sich aber nur als kleine Siedlung herausstellte.
Da wir von weiteren Straßenwanderungen Abstand nehmen wollten, trampten wir bis in einen Vorort von Auckland und stiegen dort in den Zug bis ins Stadtzentrum (der eigentlichen Hauptstadt Neuseelans).
Von unterwegs hatten wir uns bei Maree, einem weiteren Trail-Angel angemeldet und damit wieder einmal wahnsinniges Glück. Sie und ihr Ehemann Clay stellten uns in ihrem Haus sogar eine kleine eigene Wohnung zu Verfügung! Und es wurde uns ein Frühstück in Aussicht gestellt. Obwohl gerade ihre Tochter aus London zu Besuch da war, nahmen sie uns Fremde völlig unkompliziert und ohne längere Voranmeldung bei sich auf. Unvorstellbar in Deutschland.
Abends schlenderten wir noch einmal zu Hobsenbucht herunter, wo wir uns über bis zu 3 m tief im Wasser stehende Bäume wunderten, sollte es hier Mangroven geben? Mister Google hatte die Antwort sofort parat. In der Tat handelt es sich um eine Subspezies, die Manawas.
09.04.
Clay bereitete uns Toast mit Ei und zuvor gab es Knuspermüsli mit griechischem Joghurt und dazu einen ordentlichen Kaffee. Natürlich mussten wir eine Menge Fragen beantworten. Er und Maree hatten in den letzten Jahren mit ihren knapp 70 Jahren den Te Araroa in mehreren Teilabschnitten bewältigt. Da gab es viel auszutauschen und noch einige Tips für uns. Von ihrer Terrasse hatten wir einen herrlichen Blick über die Hobsenbucht, den wir in der Morgensonne unglaublich genossen. Der Abschied fiel schwer, aber wir vereinbarten, dass wir sie kurz vor unserem Abflug im Juni noch einmal für ein paar Tage besuchen sollten.
Ein Stück führte uns der Trail noch durch das Stadtzentrum und am Museum und der Universität vorbei zum Hafen. Von dort setzten wir mit der Fähre nach Nothshore/Takapuna über und ab da kamen wir nur stückweise voran, weil uns immer wieder jemand mit Begeisterung ansprach, als wären wir irgendwelche Exoten. Wir erhielten weitere Tipps, einmal auch die Telefonnummer einer netten Dame, um uns auf einen Besuch anzumelden zu können, wenn wir wollten und ganz zuletzt kam uns eine 76jährige Joggerin entgegen, die den gesamten Trail vor 8 Jahren allein durchgezogen hatte und sich sogar unsere Blogadresse geben ließ. Unglaublich – soviel Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit, die uns hier immer wieder begegnen. Ich wünschte, wir können uns davon ein Stück in unser unterkühltes Deutschland hinüberretten. Auf jeden Fall lockert es unsere Wanderung immer wieder auf.
Entlang ging es heute immer wieder an schönen Strandpassagen und der Uferpromenade mit überwiegend weißgetünchten historisch anmutenden Holzvillen bei herrlichem Sonnenschein. Am frühen Nachmittag erreichten wir den Takapuna-Campingplatz zum Tiefststand der Ebbe, so dass die ufernahen alten Lavafelder freilagen, mit teils sehr bizarren Formationen, die an große Kochtöpfe erinnerten. Als Verursacher lag in der Bucht vor uns der Vulkan Rangitito als dicke begrünte Insel und ließ sich von uns bewundern.
10.04.
Früh erlebten wir zum Frühstück einen phantastischen Sonnenaufgang über dem Rangitito-Vulkan. Beim Aufbruch hatte die Flut gerade ihren höchsten Stand. Deshalb waren leider viele Strandabschnitte nicht passierbar, sodass wir immer gezwungen waren über Straßen Umwege zu laufen. Wir hatten jedoch ein bisschen Zeitdruck, da wir zum Tiefststand der Ebbe am frühen Nachmittag am Okura-River sein wollten, um ihn nahe der Mündung ins Meer queren zu können.
Die Empfehlung der Trail-App für die beste Stelle erschien uns nicht ganz schlüssig, an dem Pfosten mit dem roten Zeichen wirkte der Fluß gerade besonders tief, weshalb wir es lieber Richtung Meer versuchten, wo er auch viel breiter war. Und letzten Endes war das Crossing kein großes Ding. Knietief war das Maximum. Dennoch waren wir glücklich über die unkomplizierte Passage und stapften durch das Watt in der weiten Bucht, die von der Ebbe für uns freigegeben war auf die andere Seite. Die Steilküste gegenüber war in ca. 1 km auszumachen. Da war es für uns kaum vorstellbar, dass in wenigen Stunden, da, wo wir uns gerade befanden, wieder das Meer sein würde. Spannende Veränderungen einer Naturkulisse, die sich da aller 6 h vollzogen. Kurz vor dem Camp von Stillwater ließen wir uns von drei Kindern und der immer noch bestehenden niedrigen Tide dazu verleiten, eine Abkürzung zum Campingplatz zu nehmen. Doch das erbrachte uns einen regelrechten Schlamm-massel. Wir dachten am Ufer eines Flüsschens entlanglaufen zu können, aber dieser Trip hatte echt Longwood-Qualität! Mehrfach versackten wir knietief im Schlamm und Dirk sogar 2x bis zum Oberschenkel. Er schimpfte und fluchte entsprechend und ich sollte auch noch Schuld sein. Da hab ich ihn einfach im Modder stehen lassen. Eine halbe Stunde später auf dem Campingplatz haben wir darüber gelacht. Und wir hatten den ganzen Tag das Rivercrossing gefürchtet… (Leider können wir vom Modder keine Bilder liefern)
11.04.
Der Schlafplatz in der „Hall“ war zwar etwas Basic, aber immerhin waren wir allein und es kostete nur 10 Dollar. Wegen des angekündigten Orkans, der von Australien herüber ziehen sollte, schliefen wir lieber Indoor als im Zelt. An den Wänden hatten sich schon etliche TA-Walker verewigt. Bei der „hall“ handelte es sich um eine ehemalige Spiel- und Fitnesslocation (Tischtennis-, Billardplatte, diverse kaputte Fitnessgeräte und alte Bettgestelle).
Da sich das schlechte Wetter erst so richtig über die nächsten zwei Tage entwickeln sollte, beeilten wir uns mit dem Aufbruch, um noch vor dem Regen in Silverdale anzukommen. Dort wollten wir auf dem Campingplatz unbedingt eine Cabin als feste Unterkunft buchen. Glück damit hatten wir aber erst beim 2. Zeltplatz und dort bekamen wir aufgrund des Ferienbeginns gerade noch die letzte freie, sogar ein kleines Ferienhaus.
Der Sturm nahm an Stärke im Tagesverlauf immer weiter zu, Mülltonnen flogen durch die Gegend, die Palmen bog es fast um 90 Grad und die Wellen krachten mit hoher Geschwindigkeit ans Ufer. Die Luft nahm die Gischt auf, so dass es aussah wie Regenschauer. Innerhalb weniger Minuten fühlte sich alles nass und klebrig an, aufgrund des hohen Salzanteils. Gut für die Bronchien! 😉 Gleichzeitig war es schwülwarm, eine seltsame Wetterlage.