12.04.
Ruhetag in Silverdale.
In der Nacht zog ein heftiger Sturm mit Starkregen übers Land, der noch bis in den Vormittag anhielt. Wir bestaunten die Änderung von Ebbe und Flut entlang unseres Küstenabschnittes und des kleinen Flüsschens am Campingplatz, die Flut ließ seinen Pegel nicht nur stark ansteigen sondern schickte auch immer wieder Wellenberge flussaufwärts, die wir sogar 1 km landeinwärts hinter unserem Bungalow beobachten konnten.
Am Nachmittag kam plötzlich als wäre nichts gewesen die Sonne wieder heraus und wir nutzten die Ebbe um ein wenig unterhalb der Steilküste herumzuklettern. Zum Glück hatte die Ostküste am wenigsten unter der extremen Wetterlage zu leiden gehabt, auf der Südinsel gab es Überschwemmungen und viele Schäden. In den Nachrichten zeigten sie die zerstörte Einenbahnbrücke über den Rangitata-River, unseren alten Bekannten.
13.04.
Unser heutiges Ziel erreichten wir nach einigen schönen Strandabschnitten, die wir gerade noch vor der Flut entlanglaufen konnten und nach dem Perimetertrack, einem Küstenwaldstück mit einem kleinem Summit Moungarauhoro Te Hikoi und tollen Ausblicken. Der Wind kam heute ablandig und brachte immer wieder kurze Regenschauer mit (Regenjacke an, Regenjacke aus). Das Meer lag deshalb trotz der Flut flach und ruhig wie unter einem türkisfarbenem Tuch. Die Wellen am Strand rollten langsam und gleichförmig heran und brachen sich kaum. Kam die Sonne heraus glitzerte die Meeresoberfläche silbrig – ein Anblick mit Tiefenentspannung.
Das ganze Gegenteil dazu hatten wir jedoch wieder einmal an den Straßenabschnitten, einer davon war entgegen seines wohlklingenden Namens, Hibiskus-Coast-Highway, kein Must-have-seen.
Am Wenderholm, einer Landnase mit Mangroven ringsum sollten wir laut Trail-App ins Wasser. Die Route führte in der App mitten im Fluss bis nach Puhoi. Sollten wir die tiefste Ebbe abwarten? Unsere Erfahrungen mit Flussmodder bei Ebbe wollten wir eigentlich nicht noch einmal erneuern. Doch als Alternativroute gab es wieder nur die Straße. Blieb uns nichts anderes übrig als zu trampen, kein Bock auf weitere Straßenwanderungen.
In Puhoi angekommen, fiel der Groschen; die eingezeichnete Flussroute war als Kanutour für die Southbounder stromabwärts gedacht. Na alles klar!
Wir konnten kostenlos im Garten des beinahe ältesten Teehauses von Neuseeland zelten und zahlten für ein Dinner, Kuchen und ein Frühstück auch nur ein Appel und ein Ei und machten damit den etwas depressiv, aber freundlich wirkenden Wirt etwas glücklicher. Es gab sogar für uns eine warme Gartendusche.
14.04.
Morgens weckte uns das Geschnatter der Enten unten am Fluss, später belagerten sie auch die Wiese vorm Zelt und stritten sich mit den einheimischen Hühnern. Nachts hatten sich die Himmelsschleusen ordentlich geöffnet, wieder einmal war alles triefendnass ringsum. Nach einem Frühstück mit Ei und Toast starteten wir bei strahlendem Sonnenschein.
Da der erste Trailabschnitt wegen Sturmschäden, insbesondere wegen der zerstörten Hängebrücke gesperrt war, mussten wir wieder auf die Straße. Zum Glück gab es nur wenig Verkehr.
Später führte der Trail entlang eines Zauns durch nasses Gras steil bergan, dann in den Wald und über eine Hügelkette, alles sehr entspannt zu erlaufen. Viel zu schnell waren wir heute am geplanten Ziel (Unterkunft bei Roma und Graham, zwei Trail-Angeln). Weiterzulaufen war nicht wirklich sinnvoll, obwohl es erst am frühen Nachmittag war, dann hätten wir irgendwo wild campen müssen, ohne genügend Wasser. Das ist alles auf der Nordinsel etwas schwieriger. Und wieder hatten wir großes Glück, wir bekamen ein ganzes Appartment für uns alleine mit gefülltem Kühlschrank und trafen erneut auf zwei supernette Kiwis, die voller positiver Energie steckten. Sie hatten allein in dieser Saison ungefähr 300 TA-Walker beherbergt, unglaublich, so viel Gastfreundschaft!
15.04.
Wir starteten heute mit dem Ziel Dom Forest.
Die Trail Angel hatten berichtet wie schrecklich der Weg sei, die Sobos kämen immer total verschlammt und fertig bei ihnen an. Nach einer Wanderung entlang der Straße und dann kleinen Landwirtschaftswegen folgend ging es zu unserer Überraschung erstmal mit Stufen los in Richtung Dom Summit. Recht schnell erreichten wir eine kleine Aussichtsplattform, hier machten wir Rast und verbrachten dort unsere Mittagspause. Weiter dem Weg zum Summit folgend kam das für die Nordinsel obligatorische Warnschild „der Track hat ab jetzt Tramping Standard und ist nur mit der richtigen Ausrüstung und körperlicher Fitness begehbar„.
Den Summit erreichen wir auch relativ schnell, leider gab’s von oben keine schöne Aussicht. Insgesamt war der Weg durchaus in Ordnung mit relativ wenig Schlamm und keinen halsbrecherische Abschnitten. Allerdings müssten wir uns 2x die Schuhe schrubben und desinfizieren – zu Beginn und am Ende des Waldes – alles zum Schutz der wenigen Kauri-Bäume.
Das Dieback (Absterben) dieser einst den Großteil Neuseelands bedeckenden Baumriesen (bis 55 Meter hoch, bis zu 60 Meter lange Wurzeln und bis 2500 Jahre) wird durch einen fiesen Pilz (Phytophthora taxon agathis), oder kurz PTA verursacht. Vor diesem Schädling haben die Kiwis selbst durch massenhafte Rodung zur Vernichtung beigetragen. Und jetzt werden schon am Flughafen die Schuhe auf fremden Dreck untersucht. Jedenfalls hatten wir im Domforest endlich einmal das Glück ein paar richtig alte Exemplare zu sehen. Allerdings durften wir den Weg nicht verlassen und konnten Fotos nur aus der Ferne schießen. Wahnsinnig beeindruckend diese Giganten.
Der zweite Waldabschnitt umschloss uns sofort mit seiner Dunkelheit und verschluckte fast alles Tageslicht, was uns zur Eile antrieb, da sie uns ein mulmiges Gefühl bescherte. Gegen 18:00 Uhr fanden wir einen guten Zeltplatz in herrlich goldener Abendsonne gelegen und fanden dort sogar noch ausreichend Trinkwasser vor – ein perfekter Tagesanschluss.
Übrigens erreichten wir heute wieder einen Meilenstein, am Wegesrand durch ein aus Steinen geformtes Smiley markiert, jetzt liegen nur noch 500 km vor uns!
16.04.
Heute ging es wieder hinauf auf eine Hügelkette. Mit dem Mt. Tamahunga hatte dieser Track seine höchste Erhebung bei 437 m. Die Ausblicke wurden immer schöner, je näher wir wieder an die Küste zurück kamen. Und als wir dann gänzlich aus dem Wald heraustraten, sahen wir über eine grasbewachsene Hügelkette bis hinunter auf eine breite Bucht und das Glitzern des Meeres, das glatt und ruhig vor uns lag. Ein atemberaubender Anblick! Da konnten wir uns nicht genug dran sattsehen.
Die letzten Kilometer liefen sich dann mit dieser Aussicht wie von allein. Auf dem Campingplatz Pakiri River angekommen, erhielten wir eine preiswerte Cabin und dann gab es kein Halten mehr, Flipflops an und endlich zum Strand gelaufen! Wieder begeisterte uns die unendliche Weite des Strandes, die klaren hellen Farben und das Kräftemessen eines ins Meer mündenden Flusses mit den Gezeiten. Ein kleiner Junge, der in der Flussmündung stand, stemmte sich abwechselnd gegen die Strömung des Flusses und gegen die hereinrollenden Wellen. Die Brandung vor der Flussmündung erzeugte gleichmäßige einige Hundert Meter lange Wellen, die sich bis an die 2 m aufbauten und dann immer von einer Seite mit dem Kippen und Brechen begannen, das sich dann langsam fortsetze – eine perfekte lange Röhre aus Wasser -ein fantastisches Schauspiel.
17.04.
Wir starteten kurz vor dem tiefsten Stand der Ebbe um das kleine Flüsschen gut durchqueren zu können und auf den nächsten 15 km einen breiteren Strand zum Laufen zu haben. Dieser lag völlig unberührt und ohne menschliche Spuren an diesem Morgen vor uns. Die Flut hatte alle über Nacht weggewaschen und den Strand glatt und blank zurückgelassen. Ein dünner Film Restfeuchtigkeit glänzte in der Morgensonne. Die Wolken spiegelten sich darin wie in einem See. Wir konnten ewig weit schauen bis zur Steilküste am anderen Ende, ca 15 km entfernt. Obwohl wir auf dem noch festen Sand sehr gut voran kamen, wirkte das Ziel selbst nach Stunden immer noch genauso weit entfernt. Wir fanden herrliche Muscheln und allen Farben und Größen: Jakobsmuscheln, dicke Turbanschnecken, die langen Turmschnecken und die normalen Schneckenmuscheln, so schade, dass wir sie nicht mitnehmen konnten.
Mit höher steigender Sonne wurde es richtig sommerlich warm und das lud zum Baden ein. Zwei Mal hüpfte ich in die Fluten, herrlich erfrischend!
Am Nachmittag erreichten wir Mangawhai, das an einem Fluss liegt und zelteten auf dem am Ufer liegenden Campingplatz.
18.04.
In der Nacht hatte es mal wieder einen ordentlichen Guss gegeben. Und am Morgen gab es einen Regenbogen.
Wir frühstücken in der Sonne am Flussufer in Mangawhai, das Zelt begann zu trocknen. Durch den Ort zog sich eine kilometerlange stark befahrene Straße, auf die wir nicht unbedingt scharf waren, sie zu Fuß zu begleiten. Bis zum Strand ließen wir uns deshalb mitnehmen, der ältere Herr, ursprünglich aus Frankreich, fand den Weg zwar gut, erzählte jedoch immer wieder das Gleiche und wiederholte ständig seine Fragen. Er sei auf der Suche nach einem Job im Ort als Lehrer. Wir mussten uns zu zweit auf den Beifahrersitz quetschen, da sein Auto mit all seinen Hab und Gut vollbepackt war. „Ich habe alles verloren: meine Frau, mein Haus, alles…“ teilte er uns gleich zur Begrüßung mit und dann noch einige Male, noch immer emotional stark mitgenommen, obwohl alles nun schon 6 Jahre her war.
Der Trail begann mit einem herrlichen Strandabschnitt, anschließend mussten wir treppauf auf einen Steilküstenweg (Mangawhai-cliffs-Way) und wurden mit einem phantastisch weitem Ausblick bis Pakiri belohnt. Der untere Teil der Steilwand bestand aus Basaltsäulen, wie wir sie aus Island kannten.
Später verließen wir die Küste und wurden durch einen Kauriwald geführt, aber nicht ohne uns vorher wieder die Schuhe zu desinfizieren zu müssen. Endlich sahen wir mal ein paar Exemplare aus der Nähe! Sie wirkten aber schon nicht mehr ganz gesund. Harz lief den Stamm herunter, die Blätter zum Teil braun. Traurig, traurig.
Nachmittags erreichten wir den Waipu Cove Campingplatz in traumhafter Lage, direkt hinter den Dünen am Strand. Der lud uns so sehr zum Relaxen ein, dass wir es auch in die Tat umsetzten. Einfach herrlich!